Alt Venn
Schützengruppe Alt Venn – der schmale Grad zwischen Gallier und Querulant
Wir schreiben das Jahr 1954, der deutschen Fußballnationalmannschaft gelingt ein Wunder in Bern, das Land befindet sich im Wiederaufbau der Nachkriegszeit und die St. Josef Bruderschaft Venn nimmt ebenfalls wieder die Arbeit auf. Darüber hinaus schmieden die – damals noch sehr jungen – Bruderschaftler: Dols, Bihn, Odenius, Heiden, Gütgens, Schützendorf, Welters, Vieten, Meurer, Heinrichs, Kohnen, Becker und Deckers den Plan, eine Schützengruppe zu gründen. Schnell wurde aus einer Schnapsidee bitterer Ernst und noch im selben Jahr fanden sich insgesamt 20 Bruderschaftler im „alten Venn“. Erster Vorsitzender der Gründungsversammlung war Jakob Dols, Ortsoffizier („Chef auf der Straße“) war Heinrich Welters, damals eher bekannt als „Backes Hein“.
Dies war der Grundstein für die mittlerweile 70 Jährige Historie der Schützengruppe und der Beginn einer freundschaftlichen Gemeinschaft. Die damaligen Tugenden wurden in Leitlinien niedergeschrieben, Liederhefte zusammengestellt und Vogelschüsse ins Leben gerufen. Einer der ersten „Alt-Könige“ der St. Josef Bruderschaft Venn, der in Alt- Venn beheimatet war und 1957 den Vogel von der Stange holte, hieß Franz Deckers. Die meisten kennen Ihn noch als Generalfeldmarschall und leichtbekleideten Sonnenanbeter. Für Ihn war das Schützenbrauchtum nicht nur ein Hobby, sondern eher eine Ehe, absolute und bedingungslose Priorität.
Aber auch auf Bruderschaftsebene war man als Alt- Venner schon immer ein heißer Kanditat für Spiel, Spaß, Arbeit und vielleicht Ärger. 1969 zum 80. Jubiläum der Bruderschaft stellen die neu gegründeten Jungschützen aus Alt Venn die komplette Reiterei. Und diese Jungs nahmen den Job mehr als nur genau, Herbert Leuf (dam. Adjudant) reitete sogar mit dem Pferd zu Steinfort in die Kneipe um Getränke zu bestellen. Ob es sich um Bier oder Wasser handelte, konnte nicht genau überliefert werden, die Promillegrenze im Straßenverkehr lagt damals jedoch bei 1,5. Man machte in Alt- Venner Reihen gerne was man wollte und ließ eine fünf auch mal gerade sein, dies gefiel nicht jedem Bruderschaftler und sorgte mitunter für -berechtigten- Ärger mit dem Präsidium der St. Josef Bruderschaft. Was bis heute so ist und weitergelebt wird ist jedoch, Zuverlässigkeit und Fleiß – sobald Bruderschaftsarbeit ansteht, wird diese auch erledigt und gelebt! Dienst ist Dienst und Schnaps ist Schnaps. Das war immer so und wird auch immer so bleiben.
Mit den Jahren wächst die Gruppe, Kinder werden geboren, zu Pagen erzogen, zum Jungschützen geformt und als Altschütze eingegliedert. Zentrum jeglicher Gruppenaktivitäten, Versammlungen, Kirmesnachmittage und Wohlfühloase für das Alt- Venner Ende war von Tag eins – die Gaststätte Jägersruh auf dem Görthenweg. Dort gab es wilde Kombinationen: rauchende Füchse, springende Hühner, Türen aus Samt, übergewichtige Pilatesexperten und irgendwie ein bisschen Heimat für jeden von uns. Für eine eigene Blaskapelle reichten die musikalischen Talente und Fertigkeiten leider nie, dafür konnte fast jedes Fußballturnier gewonnen werden. Des Weiteren stellten wir bisher 11 Schülerprinzen, 13 Jungkönige und 19 Könige – Vögel abschiessen klappt demnach ebenfalls ganz gut.
Eine Schützengruppe ist nicht nur ein zufälliger und ortsgebundener Zusammenschluss von Menschen – bei weitem nicht – es ist eine Gemeinschaft, geprägt durch Freundschaften, Vertrauen, gegenseitiger Hilfe und Unterstützung. Schützenbrüder schützen Brüder.
Sven Terstappen, 1. Vorsitzender der Schützengruppe Alt Venn